Promovierter Papa

Vaterschaft ist mehr! Oder: Was bedeutet eigentlich Elternsein?

Vaterschaft ist mehr! Oder: Was bedeutet eigentlich Elternsein?

Heute ist Vatertag – "unser" Tag. Wie schon in den Jahren zuvor haben sich daher unter dem Hashtag #VaterschaftIstMehr über 30 aktive Väter zusammengefunden, um dem angestaubten Gesellschaftsbild des alleinverdienenden, meist abwesenden und nicht in die Erziehung involvierten Vaters den Kampf anzusagen. Denn Vaterschaft ist so viel mehr als das – bzw. kann es sein, wenn wir es wollen und der gesellschaftliche Rahmen es uns ermöglicht.

Egal ob Hausmann, Regenbogenpapa, Teilzeit-Daddy oder alleinerziehender Vater – es gibt so viele verschiedene Möglichkeiten, ein aktiver Vater zu sein. Sein Kind aufwachsen zu sehen. Es auf seinem Weg zu begleiten. Und diese kostbare Zeit hautnah mitzuerleben. Auf https://vaterschaftistmehr.de findet ihr unsere Geschichten in etwa 60-sekündigen Videos. Hier ist meine:

Welcher Papa bist du bzw. möchtest du sein? Was ist deine Geschichte? Erzähl sie uns und lade auch dein Video unter dem Hashtag #VaterschaftIstMehr in den sozialen Medien hoch, um aktive Vaterschaft sichtbarer zu machen!

Hier findet ihr noch einige andere Blogbeiträge zu dem Thema:

In diesem Jahr möchte ich allerdings noch einen Schritt weitergehen. Denn nicht nur Vaterschaft ist mehr – auch Elternsein an sich ist es. Ich bin jetzt seit über zwei Jahren als Promovierter Papa im Internet und vor allem auch auf Instagram unterwegs. In dieser Zeit habe ich drei wichtige Dinge gelernt:

  1. Papablogger sind im Vergleich zu Mamabloggern chronisch unterrepräsentiert.
  2. Das liegt mitunter daran, dass es immer noch zu wenige aktive Väter gibt, auch wenn hier eine löbliche Steigerung erkennbar ist.
  3. Elternsein wird in unserer Gesellschaft in zunehmendem Maße "outgesourced".

Der dritte Punkt ist für mich der wichtigste, denn er beinhaltet den zweiten und impliziert somit auch den ersten. Was meine ich jetzt wohl damit? 

Elternsein bedeutet für mich, die Verantwortung für das eigene Kind (ein Lebewesen!) zu übernehmen, dass weder für sich selbst sorgen noch selbst Entscheidungen treffen kann. Genau diese Verantwortung wird immer mehr und immer öfter an Dritte abgegeben. Damit meine ich nicht notwendigerweise, dass Babys mitunter schon mit 6 Monaten oder jünger in eine Krippe gegeben werden, damit beide Elternteile möglichst schnell wieder Vollzeit arbeiten gehen können, – wobei ich das alles andere als gutheiße. Ich meine vielmehr, dass wir verlernt haben, selbst zu "denken", auf unsere Intuition zu hören, in Beziehung mit unserem Kind zu treten und eigenständig Entscheidungen zu treffen. Egal ob aus Unwissenheit, aus Angst oder aufgrund von gesellschaftlichen Zwängen ("so macht man das nun mal"): Viele Eltern denken, sie wären nicht in der Lage, ein Kind – ihr Kind! – ohne eine Schritt-für-Schritt Anleitung großzuziehen. Daher wird schon mit Beginn der Schwangerschaft ein Ratgeber nach dem anderen gewälzt, es werden Hebamme, Frauen- und Kinderarzt gelöchert, zwischendurch fleißig gegoogelt sowie natürlich jede andere Schwangere befragt. Es wird verglichen, jede Veränderung kontrolliert, jeder Entwicklungsschritt abgeklärt – damit man ja nichts falsch macht. Am Ende steht man dann meist vor einer riesigen Informationsflut an sich teilweise widersprechenden Ratschlägen und ist noch verunsicherter als vorher. Vor Kurzem habe ich mit Emil von Expedition Elternsein eine Podcastfolge aufgenommen, wo es unter anderem auch um dieses Thema ging. Hört doch mal rein:

Was ich hier etwas überspitzt zum Ausdruck bringen möchte, ist Folgendes: Elternsein ist nicht leicht. Es ist vielleicht sogar eine der schwierigsten Aufgaben, die wir in unserem Leben zu bewältigen haben. Daher ist es nur logisch, dass wir manchmal Angst haben, überfordert sind und nicht weiterwissen. Es ist gut, dann die Möglichkeit zu haben, sich von den verschiedensten Quellen Rat zu holen. ABER: Anschließend ist es an uns Eltern, diese Informationen zu filtern und zu bewerten und sie nicht 1:1 zu übernehmen! Jedes Kind ist anders – jeder Mensch ist es, jede Schwangerschaft, jede Geburt, jedes Leben. Wir können uns Anregungen holen, uns austauschen – das ist sogar wichtig! Aber schlussendlich muss (sollte!) jeder selbst entscheiden, was für sich und sein Kind wichtig und richtig ist. Das bedeutet auch, dass wir mit Sicherheit auch falsche Entscheidungen treffen und Fehler machen. Aber nur aus Fehlern lernt man. Und alle Eltern machen Fehler. 

Ich beobachte leider immer öfter, dass dieser wichtige, letzte Schritt fehlt und viele Eltern 1:1 dem Rat oder Vorbild Dritter folgen und somit die Verantwortung für Ihr Kind bzw. dessen Erziehung abgeben. Aber Vorsicht: Für Garderobe keine Haftung! Will heißen: Am Ende ist es doch euer Kind und niemand anderes wird die Verantwortung übernehmen. In jedem anderen Lebensbereich sind wir darauf bedacht, "anders" zu sein, aus der Masse herauszustechen, einen "USP" zu finden. Lediglich bei der Kindererziehung sind wir stetig darauf bedacht, dass das Kind "der Norm" entspricht. Lasst uns damit aufhören und jedes Kind so behandeln und erziehen wie es ist: individuell und einzigartig! Und das können nur – bzw. am besten – die eigenen Eltern.

Als ich klein war, war ich halbtags im Kindergarten und wurde dort von Kindergärtnerinnen betreut. Ja, so hieß es damals noch und ja, es waren tatsächlich ausschließlich weibliche Betreuerinnen in meinem Kindergarten. Heutzutage ist es wünschenswert, von Erzieher*innen zu sprechen, zum einen aufgrund der Genderdebatte, zum anderen – und darum soll es hier eigentlich gehen – aufgrund der Tatsache, dass Erzieher*innen maßgeblich an der Erziehung der ihnen anvertrauten Kinder beteiligt sind. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Kinder tatsächlich von Klein auf mehr Zeit in Krippe und Kindergarten bzw. Kindertagesstätte verbringen als zu Hause, ist das durchaus nachvollziehbar. Aber auch im Hinblick auf das Abgeben von Verantwortung ist es die logische Schlussfolgerung, denn vielerorts wird dann auch zu Hause der Erziehungsstil der pädagogischen Fachkraft weitergeführt. So ist man als Vater und Mutter auf der sicheren Seite, denn Erzieher*innen haben das schließlich gelernt.

Zusammengefasst fordere ich alle Eltern auf: Werdet wieder die Erzieher*innen eurer eigenen Kinder! Oder besser gesagt – und im Sinne von #BeziehungStattErziehung – tretet in Beziehung zu ihnen. Nehmt die Verantwortung für eure Kinder an und ernst. Holt euch "Inspiration" wann immer ihr nicht weiterwisst. Denkt darüber nach, reflektiert und hinterfragt. Aber entscheidet letztendlich selbst, intuitiv und für eurer Kind. Und speziell an alle Väter da draußen: Wenn es euch irgendwie möglich ist, verbringt so viel Zeit wie ihr könnt mit euren Kindern. Involviert euch, nehmt Elternzeit, wechselt in Teilzeit oder vielleicht sogar den Job – ihr werdet es nicht bereuen. Denn diese wertvolle Zeit bekommt ihr nicht zurück :) 

Einen frohen Vatertag euch allen!

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